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Gerichtspartnerschaft mit der Partnerregion Centre (Frankreich)

Besuch einer Delegation des Oberlandesgerichts Bourges in Halle und Naumburg

Vom 25. bis 27. Oktober 2017 besuchte eine Delegation des Oberlandesgerichts Bourges („Cour d’appel“) bestehend aus Frau Präsidentin des Oberlandesgerichts Mauricette DANCHAUD, Herrn Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Yves FOULQUIER und Herrn Präsidenten des Landgerichts Yannick GRESSOT Halle und Naumburg. Anlass war der Europäische Tag der Justiz, dem die Fachtagung „Videotechnik im Zivilprozess in Deutschland und in Frankreich: Chancen und Risiken“ am 26. Oktober 2017 im Landgericht Halle gewidmet war. In Frankreich arbeitet die Justiz bereits flächendeckend mit neuen Technologien. Ihr Beitrag mit vielen Beispielen war deshalb während der Fachtagung sehr willkommen.

Tatsächlich war die französische Delegation aber nicht nur wegen des Europäischen Tages der Justiz in Halle und Naumburg. Die Mitglieder der französischen Delegation nutzten die Gelegenheit, die bereits 2012 geknüpfte und 2014 fortgeführte Gerichtspartnerschaft zwischen den Partnerregionen Sachsen-Anhalt und Centre zu erneuern.

Die französische Delegation reiste am Mittwoch, 25. Oktober 2017, aus Bourges nach Halle  an. Am Abend fand ein Abendessen auf Einladung des Europaministers anlässlich des Besuchs der Delegation aus Bourges statt. Die Ministerin für Justiz und Gleichstellung Anne-Marie Keding begrüßte die Gäste aus Bourges.

Im Anschluss an das Grußwort der Präsidentin des Oberlandesgerichts Mauricette Danchaud entspann sich ein reger Austausch an der Tafel. Auf Seiten von Sachsen-Anhalt waren der Präsident des Oberlandesgerichts Dr. Uwe Wegehaupt samt seinem Präsidialrichter Richter am Oberlandesgericht Henning Haberland, der Präsident des Landgerichts Jörg Engelhard sowie der Organisator des Austausches 2017 der Vorsitzende Richter am Landgericht Wolfgang Ehm sowie die Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Kathrin Thies, die die Gerichtspartnerschaft seit Anbeginn begleitet, beteiligt.

Zunächst stand die Justiz im Fokus der Diskussionen mit der unterschiedlichen Gerichtsorganisation in Frankreich und Deutschland sowie vergleichbaren Ansätzen. Aber auch der Austausch zur kulturellen Vielfalt fand seinen Platz in der Diskussion. Ein rundum gelungener Abend, der eine perfekte Einstimmung auf die Arbeiten des Folgetages war. Der Austausch wurde angenehm erleichtert durch professionelle Verdolmetschung.

Am Donnerstag, 26. Oktober 2017, begann die französische Delegation in der Frühe mit der Besichtigung des beeindruckenden Landgerichts in Halle. In der Folge nahmen die Delegationsmitglieder an einer mündlichen Verhandlung in einer Unfallsache teil unter dem Vorsitz des Koordinators des Besuchs Vorsitzender Richter am Landgericht Wolfgang Ehm. Präsidialrichter Richter am Oberlandesgericht Henning Haberland sowie Ministerialrätin Sabine Overkämping begleiteten die Delegation und übersetzten. Die Beweisaufnahme stieß auf großes Interesse. In der anschließenden Besprechung wurden die Unterschiede deutlich benannt.

Der erlebte deutsche Unfallprozess hätte so in Frankreich aus rechtlichen Gründen nicht stattfinden können: Statt der soeben erlebten lebhaften und aufschlussreichen Beweisaufnahme hätte in Frankreich ein rein schriftliches Verfahren stattgefunden, wenn es überhaupt zu einem Gerichtsprozess gekommen wäre und nicht die Versicherungen untereinander eine Regelung gefunden hätten.

Am Nachmittag schloss sich die oben genannte Fachveranstaltung an.

Am Freitag, 27. Oktober 2017, fuhr die französische Delegation nach Naumburg (Saale). Dort wurde sie vom Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Uwe Wegehaupt begrüßt. Nach einem erneuten konstruktiven Austausch rechtsvergleichender Art zum Zivilprozess, insbesondere zur unterschiedlichen Organisation führte Präsidialrichter Richter am Oberlandesgericht Henning Haberland die Mitglieder der Delegation aus Bourges durch das Oberlandesgericht, erläuterte Geschichte und Architektur. Besonders beeindruckte die angenehme Atmosphäre der Bibliothek, auch wenn heute mehrheitlich mit online-Datenbanken gearbeitet wird.

Im Anschluss hatte die französische Delegation die Möglichkeit der Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung unter Vorsitz des Präsidenten des Oberlandesgerichts. Da wie in Halle auch in Naumburg die Gerichtssprache deutsch ist, übersetzten der Vorsitzende Richter am Landgericht Wolfgang Ehm, der Richter am Oberlandesgericht Henning Haberland und die Ministerialrätin Sabine Overkämping.

In der Abschlussbesprechung am Oberlandesgericht lud die Präsidentin Mauricette Danchaud ihren Kollegen Präsident am Oberlandesgericht Dr. Uwe Wegehaupt zu einem Gegenbesuch ein und regte einen sachsen-anhaltischen Delegationsbesuch nach Bourges an.

Vor ihrer Rückreise über Berlin nach Bourges besichtigte die Delegation aus Bourges den Naumburger Dom.

Die Tage des deutsch-französischen Austausches waren bereichernd und sollten fortgesetzt werden.

Besuch einer deutschen Delegation in Bourges

Vom 21. bis 23. Mai 2014 empfing das Oberlandesgericht Bourges („Cour d’appel“) eine Delegation der Arbeitsgerichtsbarkeit Sachsen-Anhalt bestehend aus Herrn Direktor des Arbeitsgerichts Magdeburg Udo KÖSTER, Frau Richterin am Arbeitsgericht Kathrin THIES als ständige Vertreterin des Direktors bei dem Arbeitsgericht Magdeburg sowie Herrn Richter am Arbeitsgericht Reinhard ENGSHUBER als ständiger Vertreter der Direktorin des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau, begleitet von Frau Ministerialrätin Sabine OVERKÄMPING Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt.

Abschiedsfoto

Von links nach rechts: Franck Graviou (Generalsekretär der Generalstaatsanwältin), Jean de Romans (Beisitzer im Sozialsenat, OLG Bourges), Philippe Vignon (Generalsekretär des Präsidenten vom OLG Bourges), Hélène Boutet (Beisitzerin im Sozialsenat), Reinhard Engshuber (Richter am Arbeitsgericht, Delegation Sachsen-Anhalt), Sabine Overkämping (Ministerialrätin), Kathrin Thies (Richterin am Arbeitsgericht, Delegation Sachsen-Anhalt), Maurice Lachal (Präsident des Sozialsenates, OLG Rennes), Jeanne-Marie Vermeulin (Generalstaatsanwältin), Dominique Decomble (Präsident des OLG Bourges), Catherine Gaudet Präsidentin des Sozialsenats a.D.), Udo Köster (Direktor des Arbeitsgerichts Magdeburg und Delegationsleiter) und Alain Costant (Präsident des Sozialsenats, OLG Bourges).

Es handelte sich bei dieser Delegationsreise um einen Gegenbesuch. Aus Anlass des Europäischen Tages der Ziviljustiz am 25. Oktober 2012 in Magdeburg führten Mitglieder der Sozialsenates des OLG Bourges mit deutschen Kolleginnen und Kollegen eine einprägsame Prozesssimulation in einem Mobbing-Fall durch, die sehr viel Anklang gefunden hat.

Der intensive Austausch – bei Fachgesprächen mit Kolleginnen und Kollegen aus Sachsen-Anhalt und der Besuch der mündlichen Verhandlung im Arbeitsgericht Magdeburg – verlangte nach Weiterführung. Die Einladung nach Bourges wurde deshalb gerne angenommen und tatsächlich im Mai dieses Jahres verwirklicht.

An den 2012 begonnenen Austausch konnte nahtlos angeknüpft werden. Die Delegation aus Sachsen-Anhalt wohnte zunächst mündlichen Verhandlungen des „Conseil de prud’hommes“ von Bourges bei.

Im Anschluss fanden mehrere Gespräche zum Thema dieser 1. arbeitsgerichtlichen Instanz statt, sowohl mit Präsidentin Aletti und Vizepräsidenten Bernard Beaune des „Conseil de prud’hommes“ als auch mit „Juges départiteur“.

Die Delegation aus Sachsen-Anhalt nahm auch an einer Gerichtsverhandlung des Sozialsenates des Oberlandesgerichts (OLG) teil.

Im Anschluss konnten die Delegationsmitglieder mit „alten Bekannten“ über die verhandelten Fälle diskutieren. Herrn Maurice Lachal, nunmehr Präsident des Sozialsenates am OLG Rennes, und Frau Catherine Gaudet, Vorsitzende Richterin am OLG Bourges a.D., die sich beide beim Europäischen Tag der Ziviljustiz am 25.10.2012 in der Prozesssimulation engagiert hatten, waren extra angereist, um die 2012 aufgenommenen Gespräche zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden der arbeitsgerichtlichen Praxis  weiterzuführen.

Während ihres Aufenthaltes hat sich die Delegation aus Sachsen-Anhalt auch mit Herrn Präsident Philippe THIAULT, Fachanwalt für Arbeitsrecht Raymond Clot sowie mit Anwältin Laurence Usseglio von der Rechtsanwaltskammer Bourges unterhalten.

Alle Diskussionen waren sehr bereichernd.

Die Delegation aus Sachsen-Anhalt war begeistert von ihrem Aufenthalt in Bourges und wünscht, den Austausch mit den französischen Richterinnen und Richtern des OLG Bourges auszubauen und zu entwickeln.

Sie haben sich herzlich bei Frau Jeanne-Marie Vermeulin, Generalstaatsanwältin, Herrn Dominique Decomble, Präsident des OLG Bourges, den Herren Generalsekretäre Franck Graviou und Philippe Vignon, Herrn Costant, Präsident des Sozialsenates, Frau Hélène Boutet und Herrn Jean de Romans für ihre Gastfreundschaft bedankt.

Bevor sich die Delegation aus Sachsen-Anhalt verabschiedete, hat sie ihren französischen Gastgeberinnen und Gastgebern typische Mitbringsel aus Sachsen-Anhalt - Saale-Unstrut-Wein und Magdeburger Kugeln - übergeben und es wurde eine weitere Gegeneinladung nach Sachsen-Anhalt ausgesprochen.

Conseil de prud’hommes

In Frankreich wird erstinstanzlich in sogenannten „Conseil de prud’hommes“ beraten, die paritätisch mit Sozialpartnern besetzt sind. Nur wenn dort keine Entscheidung gefunden werden kann, wird ein „juge départiteur“, eine Richterin oder ein Richter mit ausschlaggebender Stimme, hinzugezogen.

Juges départiteur

Berufsrichterinnen der 1. Instanz, die die ausschlaggebende Stimme haben, wenn sich die Sozialpartner nicht einigen können.

Oberlandesgericht (OLG)

In der Berufungsinstanz sind spezialisierte Sozialsenate, sogenannte „chambre sociale“, für die arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zuständig.