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Ge­richts­voll­zie­her­we­sen

All­ge­mei­nes

Ge­richts­voll­zie­her sind selb­stän­di­ge Be­am­te des mitt­le­ren Jus­tiz­diens­tes. Sie un­ter­ste­hen der Dienst­auf­sicht des Prä­si­den­ten oder Di­rek­tors eines Amts­ge­richts, un­ter­hal­ten aber ei­gen­stän­di­ge Büros. Nä­he­re An­ga­ben zur Er­reich­bar­keit des zu­stän­di­gen Ge­richts­voll­zie­hers fin­den Sie auf den In­ter­net­sei­ten der Amts­ge­rich­te des Lan­des Sachsen-​Anhalt.

Wel­che Auf­ga­ben hat ein Ge­richts­voll­zie­her?

Den Ge­richts­voll­zie­hern ob­liegt unter an­de­rem die Voll­stre­ckung aus Zah­lungs­ti­teln gegen einen Schuld­ner. Hier­zu er­teilt ihm der Gläu­bi­ger einen Voll­stre­ckungs­auf­trag. Die­ser ist an die Gerichtsvollzieher-​Verteilerstelle des Amts­ge­richts zu rich­ten, in des­sen Be­zirk die Voll­stre­ckung statt­fin­den soll.

Was muss ich be­ach­ten, bevor ich einen Zwangs­voll­stre­ckungs­auf­trag bei Ge­richt ein­rei­che?

  • Die Zu­stän­dig­keit des Voll­stre­ckungs­ge­richts und damit auch des Ge­richts­voll­zie­hers rich­tet sich re­gel­mä­ßig nach dem Wohn­sitz des Schuld­ners bzw. nach dem Ort des Voll­stre­ckungs­ge­gen­stan­des (zum Bei­spiel bei einem La­den­lo­kal oder Wohn­wa­gen).
  • Der An­trag löst Kos­ten aus, die in jedem Fall (un­ab­hän­gig von dem Er­folg der Voll­stre­ckungs­maß­nah­me) von Ihnen als An­trag­stel­ler an den Ge­richts­voll­zie­her zu zah­len sind. Die Höhe der Kos­ten hängt teil­wei­se von dem Wert der bei­zu­trei­ben­den For­de­rung ab. Im Zwei­fel er­kun­di­gen Sie sich vor­her über die ge­naue Höhe.
  • Es be­steht auch hier die Mög­lich­keit Pro­zess­kos­ten­hil­fe zu be­an­tra­gen.

Tipp!

Liegt einem Gläu­bi­ger bei­spiels­wei­se ein voll­streck­ba­res Ur­teil vor, wo­nach der Schuld­ner einen be­stimm­ten Geld­be­trag zu zah­len hat, emp­fiehlt es sich, den Schuld­ner vor einer Voll­stre­ckung noch ein­mal zur frei­wil­li­gen Leis­tung auf­zu­for­dern.

Der Schuld­ner soll­te es nicht zur Voll­stre­ckung kom­men las­sen, son­dern sich recht­zei­tig gegen eine un­be­rech­tig­te For­de­rung im ge­richt­li­chen Ver­fah­ren weh­ren. In der Voll­stre­ckung wird nicht mehr ge­prüft, ob der Gläu­bi­ger im Recht war.

Wie stel­le ich einen An­trag?

Im Zuge der Mo­der­ni­sie­rung des Zwangs­voll­stre­ckungs­rechts durch das zum 01.01.2013 in Kraft ge­tre­te­ne Ge­setz zur Re­form der Sach­auf­klä­rung vom 29. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2258) wer­den die Mög­lich­kei­ten der Be­schaf­fung von In­for­ma­tio­nen über Schuld­ner zur Bei­trei­bung ti­tu­lier­ter For­de­run­gen an den Be­ginn des Voll­stre­ckungs­ver­fah­rens ge­stellt. Der Ge­richts­voll­zie­her kann vom Schuld­ner eine Ver­mö­gens­aus­kunft ver­lan­gen, ohne dass ein er­folg­lo­ser Ver­such einer Sach­p­fän­dung vor­an­ge­gan­gen ist. Nach Pa­ra­gra­fen 802a, 802c ZPO ist der Ge­richts­voll­zie­her auf­grund eines ent­spre­chen­den Voll­stre­ckungs­auf­tra­ges be­fugt, un­ver­züg­lich Aus­kunft vom Schuld­ner über seine ge­sam­ten Ver­mö­gens­wer­te zu ver­lan­gen.

In Form einer ei­des­statt­li­chen Ver­si­che­rung hat der Schuld­ner Aus­kunft über alle ihm ge­hö­ren­den Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de zu geben. Er muss alle ent­gelt­li­chen Ver­äu­ße­run­gen an na­he­ste­hen­de Per­so­nen of­fen­le­gen, die er in den letz­ten zwei Jah­ren vor dem Ter­min zur Ab­ga­be der Ver­mö­gens­aus­kunft vor­ge­nom­men hat (§ 802c Ab­satz 2 Satz 2 Nr. 1 ZPO). Dar­über hin­aus muss er über alle un­ent­gelt­li­chen Leis­tun­gen in­for­mie­ren, die er in den letz­ten vier Jah­ren vor Ab­ga­be der Ver­mö­gens­aus­kunft ge­tä­tigt hat, so­fern es sich dabei nicht um Ge­le­gen­heits­ge­schen­ke mit le­dig­lich ge­rin­gem Werte han­delt (§ 802c Ab­satz 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO).

Gibt der Schuld­ner die ver­lang­te Ver­mö­gens­aus­kunft nicht oder nicht frist­ge­recht ab oder ist nach dem In­halt sei­ner Aus­kunft nicht zu er­war­ten, dass die For­de­rung des Gläu­bi­gers kom­plett be­frie­digt wird (§ 802 l ZPO), darf der Ge­richts­voll­zie­her über Drit­te In­for­ma­tio­nen über die Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se von Schuld­nern ein­ho­len. So kann der Ge­richts­voll­zie­her bei den Trä­gern der Ren­ten­ver­si­che­run­gen, beim Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern und beim Kraftfahrt-​Bundesamt Aus­künf­te zu Ar­beits­ver­hält­nis­sen, Kon­ten, De­pots oder Kraft­fahr­zeu­gen eines Schuld­ners an­for­dern. Die Da­ten­ab­fra­ge und -​erhebung durch den Ge­richts­voll­zie­her muss je­doch zur Voll­stre­ckung er­for­der­lich sein.

Um das Ver­fah­ren zur Ab­ga­be der Ver­mö­gens­aus­kunft im Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­ren und den Zu­griff auf die ent­spre­chen­den Daten zu ver­ein­heit­li­chen, zu ver­ein­fa­chen und zu au­to­ma­ti­sie­ren, ist in jedem Bun­des­land eine zen­tra­le Aus­kunfts­stel­le ein­ge­rich­tet. Die Aus­kunft des Schuld­ners über seine Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se wird vom Ge­richts­voll­zie­her in einem elek­tro­ni­schen Do­ku­ment auf­ge­nom­men und in eine lan­des­weit ver­netz­te Da­ten­bank ein­ge­speist. Die elek­tro­ni­sche Ver­wal­tung der Ver­mö­gens­ver­zeich­nis­se er­folgt in jedem Bun­des­land an einem zen­tra­len Voll­stre­ckungs­ge­richt.

Um das Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­ren zu ver­ein­heit­li­chen, ist ein For­mu­lar­zwang vor­ge­se­hen. Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um der Jus­tiz und für Ver­brau­cher­schutz hat von der in § 753 ZPO vor­ge­se­he­nen Er­mäch­ti­gung Ge­brauch ge­macht und mit der Ver­ord­nung über das For­mu­lar für den Voll­stre­ckungs­auf­trag an den Ge­richts­voll­zie­her (Gerichtsvollzieherformular-​Verordnung - GVFV) vom 28.09.2015 (BGBl. I S. 1586) ein For­mu­lar für den Auf­trag zur Voll­stre­ckung von Geld­for­de­run­gen ein­ge­führt. Die­ses ist seit dem 1. April 2016 ver­bind­lich.

Das Voll­stre­ckungs­ge­richt

In Sachsen-​Anhalt ist das zen­tra­le Voll­stre­ckungs­ge­richt beim Amts­ge­richt Dessau-​Roßlau ein­ge­rich­tet. Ge­richts­voll­zie­hern, Voll­stre­ckungs­be­hör­den und wei­te­ren staat­li­chen Stel­len wie den Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den ist der Abruf ein­zel­ner Ver­mö­gens­ver­zeich­nis­se aus die­ser Da­ten­bank mög­lich.

Auch die Ver­wal­tung von Schuld­ner­ver­zeich­nis­sen wird zen­tra­li­siert und au­to­ma­ti­siert. Alle Schuld­ner­ver­zeich­nis­se der Amts­ge­rich­te eines Bun­des­lan­des wer­den in einem zen­tra­len In­ter­net­re­gis­ter zu­sam­men­ge­fasst. Das Schuld­ner­ver­zeich­nis wird bei dem oben ge­nann­ten zen­tra­len Voll­stre­ckungs­ge­richt ge­führt. Der In­halt des Schuld­ner­ver­zeich­nis­ses kann über eine zen­tra­le, län­der­über­grei­fen­de Ab­fra­ge im In­ter­net ab­ge­ru­fen wer­den (§ 882h ZPO).

Down­load eines Zwangs­voll­stre­ckungs­auf­trag

Den Zwangs­voll­stre­ckungs­auf­trag des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Jus­tiz kön­nen Sie sich über die­sen Link als PDF-​Datei her­un­ter­la­den.

Nach § 802a Ab­satz 2 Satz 2 ZPO ist der Gläu­bi­ger ge­hal­ten, im Voll­stre­ckungs­auf­trag an­zu­ge­ben, womit er den Ge­richts­voll­zie­her be­auf­tragt. Der Ge­richts­voll­zie­her ist be­fugt,

  1. eine güt­li­che Er­le­di­gung der Sache (§ 802b ZPO) zu ver­su­chen,
  2. eine Ver­mö­gens­aus­kunft (§ 802c ZPO) ein­zu­ho­len,
  3. Aus­künf­te Drit­ter über das Ver­mö­gen des Schuld­ners (§ 802l ZPO) ein­zu­ho­len,
  4. die Pfän­dung und Ver­wer­tung kör­per­li­cher Sa­chen zu be­trei­ben,
  5. ein Vor­pfän­dung (§ 845 ZPO) durch­zu­füh­ren.

Die Maß­nah­men sind dem Voll­stre­ckungs­auf­trag zu be­zeich­nen. Hin­sicht­lich der güt­li­chen Er­le­di­gung zu Nr. 1 gilt die Be­son­der­heit, dass auch dann, wenn der Gläu­bi­ger den Ge­richts­voll­zie­her nicht damit be­auf­tragt hat, eine güt­li­che Er­le­di­gung zu ver­su­chen, der Ge­richts­voll­zie­her eine Zah­lungs­ver­ein­ba­rung mit dem Schuld­ner tref­fen kann, es sei denn, der Gläu­bi­ger hat eine Zah­lungs­ver­ein­ba­rung aus­drück­lich aus­ge­schlos­sen (§ 802b Ab­satz 2 Satz 1 ZPO).

Tipp!

Führt der Ge­richts­voll­zie­her einen Auf­trag nicht oder nicht zu­tref­fend aus, kann sich der Gläu­bi­ger mit der Voll­stre­ckungs­er­in­ne­rung an das Amts­ge­richt (Voll­stre­ckungs­ge­richt) wen­den.

Für den Schuld­ner ist das Rechts­schutz­sys­tem sehr kom­pli­ziert, so dass er einen Rechts­an­walt oder die Rechts­an­trags­stel­le sei­nes Amts­ge­richts auf­su­chen soll­te.

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen