Pressemitteilungen des Ministeriums für Justiz und Verbraucherschutz
Es gilt das gesprochene Wort!
Regierungserklärung der Ministerin für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt
Herausforderungen für die Justiz in Sachsen-Anhalt - Zuverlässig, Zeitgemäß, Zugewandt
31.01.2019, Magdeburg – 1
- Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz
Sehr
geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,die Justiz ist eine der drei Säulen des
Rechtsstaates. Während dem Landtag die erste Gewalt und der Landesregierung und
den Landesbehörden die zweite Gewalt anvertraut ist, verkörpern die Gerichte
die dritte Gewalt. Dabei werden sie von den Staatsanwaltschaften, den
Justizvollzugsanstalten und den Sozialen Diensten der Justiz flankiert.Die Justiz entscheidet über Rechtsstreitigkeiten
der Bürgerinnen und Bürger untereinander, aber auch mit staatlichen Behörden.
Dabei legt sie die Bundes- und Landesgesetze verbindlich aus und kontrolliert
zugleich die beiden anderen Staatsgewalten.Was ich hier in zwei Sätzen beschreibe, ist
ein Grundpfeiler unseres demokratischen Systems. Diesen gilt es in den
kommenden Jahren so stabil zu machen, dass er den großen Herausforderungen
standhält, vor denen die Justiz dann steht. Unter den Schlagworten
?Zuverlässig, Zeitgemäß und Zugewandt? möchte ich Ihnen zu diesen
Herausforderungen und den Strategien der Landesregierung berichten. Im Ergebnis
wollen wir in Sachsen-Anhalt eine Justiz, die ihre vielfältigen und
verantwortungsvollen Aufgaben zuverlässig erledigt, die sich dabei zeitgemäßer
Arbeitsmittel und -methoden bedient und die den Bürgerinnen und Bürgern
zugewandt gegenüber tritt. Um diese drei großen Ziele zu erreichen, müssen wir
jetzt eine Vielzahl von Weichen stellen.I.
Die Personalsituation verbessern!Meine Damen und Herren,das Schlagwort ?Zuverlässig? dient als
Überschrift für die Personalsituation in der Justiz. Ohne eine hinreichende
Personalausstattung werden die Justizbehörden in den kommenden Jahren nicht
zuverlässig arbeiten können. Um auch in Zukunft ein hohes Maß an Qualität zu
wahren, bedarf es großer personeller Anstrengungen.Dabei spielen drei Gesichtspunkte eine
wesentliche Rolle. Zum Ersten muss der Haushalt ausreichend Stellen vorhalten,
um die erforderlichen Einstellungen realisieren zu können. Zum Zweiten muss die
Justiz so attraktiv sein, dass diese Stellen mit geeigneten Bewerberinnen und
Bewerbern besetzt werden können. Und zum Dritten müssen wir den bestehenden Personalkörper
weiterentwickeln.Die Ausgangslage ist ? und so formuliere ich
es ganz bewusst ? erschreckend. Bis zum Jahr 2030 scheiden rund 55 Prozent der
Bediensteten aus Altersgründen aus. An manchen Gerichten wird dann keiner der
heute tätigen Richter mehr im Amt sein. Verschärft wird diese Situation durch
die hohe Zahl von Asyl-Verfahren, die seit 2015 eingegangen sind, und auch
durch die Masse an SGB-II-Verfahren, die damals wegen hoher Eingangszahlen
nicht abgebaut werden konnten und heute neben den
aktuellen Eingängen nur schwer reduziert werden können. Auch Staatsanwaltschaften
und Strafgerichte sind erheblich belastet, wenn sie angesichts neuer Formen von
Kriminalität für Sicherheit und Ordnung sorgen sollen. Eine zügige Verfahrensbearbeitung
ist dabei ganz entscheidend, um positiv auf das Verhalten der Täter
einzuwirken. In unserem Land gilt nicht das Recht des Stärkeren, sondern uns
schützt die Stärke des Rechts ? und dafür brauchen wir starke Staatsanwaltschaften
und starke Gerichte!Meine Damen und Herren,eine solch dramatische Ausgangslage erfordert
eine ebenso entschlossene Antwort.Und diese Antwort haben wir ? haben Sie ? mit
dem Feinkonzept zur Personalstrategie in der Justiz gegeben. Dem Feinkonzept
liegt eine Personalbedarfsprognose bis zum Jahr 2030 zugrunde. Es beschreibt
die erforderlichen Einstellungen unter Berücksichtigung der regulär zu
erwartenden Pensionierungen sowie der Bevölkerungs- und Geschäftsentwicklung.
Anhand der Zahlen ist noch einmal deutlich zutage getreten, dass es Jahre mit
vielen und Jahre mit wenigen Altersabgängen geben wird. Man könnte nun ? was
lange nicht möglich war! ? jeden einzelnen Altersabgang durch Neubesetzung der
freiwerdenden Stelle ausgleichen. Jedoch käme es dann in Jahren mit vielen
Altersabgängen zu regelrechten Masseneinstellungen, wie wir sie Anfang der
1990er Jahre erlebt haben. Das ergibt wenig Sinn. Besser ist es, die Gesamtzahl
der bis zum Jahr 2030 erforderlichen Einstellungen gleichmäßig auf die
einzelnen Jahre zu verteilen. Für diese Vorgehensweise sprechen drei gewichtige
Gründe:Erstens: Wir wollen den
Altersklassenaufbau in der Justiz verbessern. Einstellungs- und
Pensionierungswellen wollen wir glätten.Zweitens: Wir wollen einen
Wissenstransfer ermöglichen. Erfahrene Bedienstete sollen ihr Wissen
rechtzeitig an die nächste Generation weitergeben können.Und Drittens:
Wir wollen Einstellungskapazitäten ausschöpfen. Derzeit sind noch ausreichend
geeignete Bewerberinnen und Bewerber auf dem Arbeitsmarkt verfügbar. Diese
dürfen wir uns nicht abwerben lassen.Meine Damen und Herren Abgeordnete,im Juni 2018 haben Sie das Feinkonzept
mehrheitlich gebilligt und in der Folge dem Haushalt 2019 zugrunde gelegt. ?
Jetzt geht es an die Umsetzung! Dazu gleichen wir nicht nur die Altersabgänge
aus, sondern stellen bis zu 50 zusätzliche Richterinnen und Richter ein,
übernehmen alle Anwärterinnen und Anwärter und wollen außerdem 30 dringend
benötigte Bedienstete vor allem für den IT-Bereich an Bord holen.Darüber hinaus haben wir innerhalb der
Landesregierung abgestimmt, dass das Feinkonzept fortgeschrieben und in dem
bevorstehenden Haushaltsaufstellungsverfahren für die Jahre 2020 und 2021
erneut herangezogen wird, um die dringend benötigten Stellen auf fundierter
personalwirtschaftlicher Datengrundlage einzuplanen. Im Zuge der Fortschreibung
haben wir bereits die Bedarfsprognose für die Gerichte und Staatsanwaltschaften
aktualisiert. Ferner werden wir den Personalkörper mit Stand zum 1. Januar
2019 berücksichtigen. Meine Damen und Herren,damit haben wir ? gerade noch rechtzeitig ?
den richtigen Weg eingeschlagen, um auf Dauer ausreichend Stellen vorzuhalten.
Diese gilt es nun in allen Bereichen mit qualifizierten und motivierten
Nachwuchskräften zu besetzen.Ich habe es eingangs bereits erwähnt: Es wird
Gerichte geben, die ihr Richterkollegium bis zum Jahr 2030 aus Altergründen
vollständig austauschen müssen. Entscheidend ist es also, dass wir Volljuristen
für den Richterdienst gewinnen ? und genauso für die Staatsanwaltschaften,
Notariate und Rechtsanwaltskanzleien, aber auch für die gesamte Landes- und
Kommunalverwaltung, in der wir gleichermaßen hoch qualifizierte Volljuristen
brauchen.Um dies zu erreichen, wollen wir die Absolventen der
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg intensiv ansprechen und ihnen
anbieten, ihr Rechtsreferendariat in Sachsen-Anhalt abzuleisten. Denn wer das
Referendariat in unserem Land durchläuft, ist auch zum überwiegenden Teil
bereit, sich in beruflicher Hinsicht dauerhaft in Mitteldeutschland zu binden.Meine Damen und Herren,und deshalb soll das Referendariat
attraktiver werden. Dazu ergreifen wir eine Vielzahl von Maßnahmen, welche die
Ausbildungsqualität erhöhen. Erwähnt seien die Einrichtung zusätzlicher
verpflichtender Arbeitsgemeinschaften und freiwilliger Rhetorik- und
Kommunikationskurse. Ferner sorgen wir dafür, dass in den Prüfungskommissionen
mehr Frauen zum Einsatz kommen.Einen Punkt möchte ich besonders hervorheben:
Schon ab diesem Jahr werden wir unseren Referendarinnen und Referendaren als
erstes Bundesland die Möglichkeit eröffnen, ihre schriftlichen Prüfungen im
zweiten juristischen Staatsexamen nicht mehr handschriftlich, sondern am Laptop
anzufertigen. Damit setzen wir einen echten Meilenstein, der schon heute
Aufmerksamkeit nicht nur in den Medien, sondern auch bei den eigentlichen
Adressaten, den Studenten und Studentinnen der Rechtswissenschaften erfahren hat. Dies alles ist dank der
bemerkenswert guten Zusammenarbeit mit der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg möglich geworden. Als nächsten Schritt planen wir,
elektronische Klausuren auch im
Referendarsexamen zu ermöglichen.Auf diese Weise passen wir Ausbildung und
Prüfung an die moderne Berufswirklichkeit von Volljuristen an ? von zukünftigen
Richtern, Staatsanwälten und Notaren, von Rechtsanwälten sowie
Verwaltungsjuristen in den Landes- und Kommunalbehörden.Meine Damen und Herren,aber auch in anderen Berufsgruppen müssen wir
qualifizierten und motivierten Nachwuchs für Sachsen-Anhalt gewinnen. Bei der
Ausbildung von Amtsanwälten, Rechtspflegern und Justizsekretären für die
Gerichte und Staatsanwaltschaften setzen wir grundsätzlich auf
länderübergreifende Kooperation: Amtsanwälte und Bedienstete des Allgemeinen
Vollzugs- und Verwaltungsdienstes bilden wir an der Fachhochschule für
Rechtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen in Bad Münstereifel aus,
Rechtspfleger an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin,
Justizsekretäre im Sächsischen Ausbildungszentrum in Bobritzsch und Gerichtsvollzieher
an der Bayrischen Justizakademie in Pegnitz. Nur die Wachtmeister und die
Bediensteten für den Allgemeinen Justizvollzugsdienst haben wir bisher ausschließlich
im Land ausgebildet.Gegenwärtig zeigt sich jedoch in allen
Ländern ein zunehmender Bedarf an Ausbildungsplätzen. Aus diesem Grund haben
wir uns im Dezember vergangenen Jahres entschieden, die Ausbildung für
Justizsekretäre wieder landeseigen durch das Oberlandesgericht Naumburg
durchführen zu lassen. Schon am 1. September 2019 wird an den Justizzentren in
Halle und Magdeburg je eine Klasse von Anwärterinnen und Anwärtern ihre
Ausbildung beginnen. Den Lehrkräftebedarf können wir weitestgehend aus dem
eigenen Geschäftsbereich decken.Meine Damen und Herren,große Herausforderungen stellen sich auch bei
der Nachwuchsgewinnung im Justizvollzug. Die Arbeit im Allgemeinen
Vollzugsdienst AVD ist durchaus attraktiv. Die Bediensteten sind längst keine
Schließer oder Wärter mehr, sondern vielseitige soziale Akteure. Um dieses
Aufgabenprofil besser zu vermitteln, haben wir im Jahr 2018 eine Kampagne zur
Nachwuchsgewinnung gestartet. Im Rahmen dieser Kampagne setzen wir verstärkt
auf soziale Netzwerke, aber auch auf Plakate und Flyer, mit denen wir die
einschlägigen Berufsbilder in einem frischen und authentischen Design
präsentieren. Außerdem sind wir auf diversen Berufsfindungsmessen vertreten, wo
wir junge Menschen unmittelbar in der Phase ihrer Berufsorientierung ansprechen
können. Aufgrund ihres Erfolges wird die Kampagne auch im Jahr 2019
fortgesetzt.Meine Damen und Herren,klar ist aber auch, dass es nicht ausreicht,
durch attraktive Werbung auf sich aufmerksam zu machen. Entscheidend sind
attraktive Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen. Um die Werbekampagne mit
handfesten Argumenten zu untermauern, wollen wir im Allgemeinen Vollzugsdienst
Anwärtersonderzuschläge in Höhe von 30 % über den Grundbezügen auszahlen.
Gerade für berufserfahrene Bewerberinnen und Bewerber, die an ein höheres
Lohnniveau gewöhnt sind und vielleicht schon familiäre Verantwortung tragen,
ergibt sich daraus ein wichtiger Anreiz.Meine Damen und Herren,wie Sie sehen, tun wir viel, um die bereitstehenden
Stellen mit qualifiziertem und motiviertem Nachwuchs zu besetzen. Doch nicht
nur auf die Gewinnung neuer Bediensteter haben wir unser Augenmerk gelegt. Auch
den bestehenden Personalkörper haben wir weiterentwickelt. Seit Beginn der
aktuellen Legislaturperiode konnten wir nach Jahren der Vakanz eine ganze Reihe
von Führungspositionen besetzen. Im Amt begrüßen durfte ich -
Herrn
Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Wegehaupt,-
Frau
Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Thies und-
Herrn
Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Becker, weiterhin-
Herrn
Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Braun,-
Herrn
Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Hesse,-
Frau
Vizepräsidentin des Oberverwaltungsgerichts Schmidt,-
Frau
Vizepräsidentin des Landessozialgerichts Dr. König sowie-
Frau
Leitende Oberstaatsanwältin Dr. Wieck-Noodt als ständige Stellvertreterin des
Generalstaatsanwalts.Sie merken es bereits am Umfang meiner
Aufzählung: Wir haben begonnen, einen regelrechten Beförderungsstau aufzulösen
und werden damit selbstverständlich weitermachen. Und am Rande sei bemerkt:
pari/pari ? das nenne ich geschlechtergerechte Personalentwicklung!II.
Die Justiz für den elektronischen Rechtsverkehr und die elektronische Akte
rüsten!Meine Damen und Herren,der Begriff ?Zeitgemäß? soll für die
sachliche Ausstattung der dritten Staatsgewalt stehen. Derzeit bereitet sich
die Justiz auf einen der größten Umbrüche ihrer Geschichte vor: die
Digitalisierung. Dabei spielen sowohl die Kommunikation zwischen den Akteuren ?
der elektronische Rechtsverkehr ? als auch die Arbeitsweise der einzelnen
Akteure ? die elektronische Aktenführung ? eine wesentliche Rolle. Nicht
zuletzt bedarf es auch moderner baulicher Anlagen.Mit dem Bundesgesetz zur Einführung der
elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen
Rechtsverkehrs wurde im Jahr 2017 verbindlich normiert, dass die
Verfahrensakten bei allen Gerichten und Staatsanwaltschaften zum 1. Januar
2026 elektronisch geführt werden müssen. Wir haben zum 1. Januar 2018
erfolgreich den ersten Schritt getan und mit Hilfe des elektronischen Gerichts-
und Verwaltungspostfachs EGVP die Empfangsbereitschaft aller 43 Gerichte
und 5 Staatsanwaltschaften im Land Sachsen-Anhalt hergestellt. Dazu haben
wir an allen Dienststellen besondere Arbeitsplätze für die zentrale Annahme
elektronischer Posteingänge eingerichtet. Das Aufkommen blieb jedoch weit
hinter den Erwartungen zurück ? nicht zuletzt wegen der vorübergehenden
Abschaltung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs von Januar bis
September 2018. Aus diesem Rückschlag ergibt sich nun sogar der positive
Effekt, dass die neu geschaffenen Organisationsstrukturen unter
Echtbedingungen, aber ohne zeitlichen Druck auf ihre Praktikabilität geprüft
und bedarfsgerecht angepasst werden können.Meine Damen und Herren,um auch die weiteren gesetzlichen
Verpflichtungen zu erfüllen, werden wir im nächsten Schritt die grundlegenden
konzeptionellen Arbeiten abschließen. Parallel dazu unternehmen wir schon heute
erste Tests zur Pilotierung der elektronischen Akte in der Fachgerichtsbarkeit.Im Ergebnis sollen die Arbeitsabläufe
komplett vom Papier auf den Computer verlagert werden. Dazu sind umfangreiche
Softwareprogramme zu entwickeln und einzuführen. Sachsen-Anhalt kooperiert auch
an dieser Stelle eng mit den anderen Ländern. So fiel im September 2017 nach
mehreren Jahren der Entwicklung in einzelnen Länderverbünden der Startschuss
für die Entwicklung eines bundeseinheitlichen
Fachverfahrens für die Justiz.Allerdings ist dieses Projekt so ambitioniert
und aufwändig, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis alle
Verfahrensbereiche mit der neuen Software arbeiten können. Sachsen-Anhalt ist
bei der Entwicklung des neuen Fachverfahrens nicht nur in den Arbeitsgruppen
vertreten, sondern steuert außerdem ein durch unsere Landesbediensteten
entwickeltes Saalmanagement bei, das in das neue Fachverfahren integriert und
somit bundesweit zum Einsatz kommen wird.Meine Damen und Herren,die Fortschritte im Bereich der
elektronischen Akte hängen neben der aktiven Mitwirkung aller
Justizbediensteten an der Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsweisen
zunächst ganz wesentlich von der
Anbindung an das neue Landesdatennetz ITN-XT ab. Wir warten alle dringend
darauf ? und ich freue mich sehr, dass mit Beginn der Legislatur die
notwendigen Verträge für das neue Landesdatennetz unterzeichnet werden konnten.
Das Ministerium der Finanzen hat weiter die Migration aller Dienststellen der
Justiz bis zum Ende dieses Jahres zugesichert. Wenn diese Hürde genommen ist,
steht der Weg für die Implementierung neuer Hard- und Software offen, aber auch
für die Einführung und Stärkung moderner Tele- und Heimarbeitsplätze.III.
Den Justizvollzug sicher und modern gestalten!Meine Damen und Herren,einen weiteren Schwerpunkt der sachlichen
Ausstattung bildet der Justizvollzug. Das Sicherheits- und Sühnebedürfnis der
Gesellschaft ist mit der bestmöglichen Resozialisierung der Inhaftierten in
Einklang zu bringen. Insbesondere gilt es, alle Inhaftierten ab dem Jahr 2025
in einer Einzelzelle unterzubringen, so wie es der Landtag schon im Jahre 2015
beschlossen hat. Um diesen Auftrag so effizient wie möglich zu erledigen, haben
die Koalitionspartner vereinbart, die Vollzugsstrukturen in Sachsen-Anhalt zu
konzentrieren.In diesem Prozess sind wir schon weit
vorangeschritten. Derzeit verfügt unser Land über vier Anstalten in Burg,
Halle, Raßnitz und Volkstedt mit insgesamt sieben Liegenschaften.Damit sind wir aber noch nicht am Ziel. Wir
wollen eine Vollzugslandschaft mit nur noch drei Anstalten und insgesamt 1.650
Haftplätzen schaffen. Die Justizvollzugsanstalt Halle am Standort
Wilhelm-Busch-Straße wird deshalb erweitert. Gleichzeitig werden die
sanierungsbedürftige Anstalt in Volkstedt und der ?Rote Ochse? in Halle geschlossen.Zur Umsetzung des Neubaus arbeiten wir eng
mit dem Ministerium der Finanzen und dem Landesbetrieb Bau- und
Liegenschaftsmanagement zusammen und bereiten das Verfahren zur Ausschreibung
eines Totalunternehmers vor. Ich bin zuversichtlich, dass wir die Ausschreibung
in diesem Jahr beginnen und damit den Bau der neuen Anstalt endgültig auf den
Weg bringen können. Insoweit bin ich auch Ihnen, verehrte Abgeordnete, äußerst
dankbar für Ihre breite Unterstützung und bitte schon jetzt um die weitere
konstruktive Begleitung dieses wichtigen Projektes.Meine Damen und Herren,neben den strukturellen Veränderungen liegen
im Justizvollzug auch zwei Gesetzgebungsverfahren vor uns.Nach Verabschiedung des
Justizvollzugsgesetzbuches, welches seit dem 1. Januar 2016 in Kraft ist,
wollen wir mit einem landeseigenen Jugendarrestvollzugsgesetz nun auch die
Durchführung des Arrests gegenüber Jugendlichen und Heranwachsenden auf eine
gesetzliche Grundlage stellen und auf diese Weise dazu beitragen, junge Menschen
von erneutem Fehlverhalten abzubringen. Daneben wollen wir die Vorgaben des
europäischen Datenschutzes auch im Justizvollzug einheitlich kodifizieren. Die
beiden Gesetzesentwürfe hat das Kabinett in der vorletzten Woche beschlossen.
Es freut mich, dass sie schon in dieser Sitzungsperiode beraten werden können.Meine Damen und Herren,ein wichtiger Schritt der Resozialisierung
ist die Entlassung der Gefangenen in Freiheit. Um diesen Schritt enger zu
begleiten, haben wir das sogenannte Übergangsmanagement ausgebaut. Dazu haben
wir eine behördenübergreifende Kooperationsvereinbarung zur beruflichen
Eingliederung von Strafgefangenen geschlossen, an der sowohl die Straffälligen-
und Bewährungshilfe als auch kommunale Träger und Arbeitsagenturen beteiligt
sind. Auf diese Weise schaffen wir die erforderlichen Rahmenbedingungen zur
beruflichen und gesellschaftlichen Integration von Gefangenen in ihren neuen
Alltag. Diese Kooperation wollen wir nun verstetigen und gegebenenfalls noch
weiter ausbauen.IV.
Rechtsschutz und Beratung stärken!Meine Damen und Herren,mit den eben erwähnten Themen habe ich
bereits das dritte Schlagwort meiner Regierungserklärung aufgegriffen:
?Zugewandt!? Damit sind alle diejenigen Projekte des Ministeriums für Justiz
und Gleichstellung gemeint, welche die Verankerung der Justiz und des
Rechtsstaates in unserer Gesellschaft stärken.Das Fundament unseres gesellschaftlichen
Zusammenlebens bilden die Grundrechte, die Freiheit und Gleichheit aller
Bürgerinnen und Bürger gewährleisten. Freiheit heißt dabei auch Freiheit von
Diskriminierung. Weil wir uns ganz ausdrücklich zu diesem Gedanken bekennen,
wollen wir die Landesverfassung um ein
Verbot von jeglicher Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität ergänzen.
Derzeit befinden wir uns in einer intensiven Ressortabstimmung, um Ihnen in den
kommenden Monaten einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen zu können.Die Grundrechte zu stärken, heißt aber auch,
sie besser durchsetzbar zu machen. Bereits zum 1. Januar 2019 haben wir ein
wichtiges Koalitionsvorhaben umgesetzt und die Kompetenzen des
Landesverfassungsgerichts um die so genannte Urteilsverfassungsbeschwerde
erweitert. Damit können Bürgerinnen und Bürger künftig nicht nur in Karlsruhe,
sondern auch vor dem Landesverfassungsgericht in Dessau-Roßlau geltend machen,
durch eine behördliche oder gerichtliche Entscheidung in ihren landesrechtlich
verbürgten Grundrechten verletzt zu sein. Der erweiterte Grundrechtsschutz
leistet gleichzeitig einen wichtigen Beitrag, um das Bewusstsein der
Bürgerinnen und Bürger für die Landesverfassung zu stärken.Meine Damen und Herren,freilich stellt die Verfassungsbeschwerde ein
Instrument dar, welches nur in Ausnahmefällen als Korrektiv zum Zuge kommt.
Genauso wichtig ist es, dass auch alle anderen Gerichtsbarkeiten den
Bürgerinnen und Bürgern effektiven Rechtsschutz gewähren können. Dazu benötigen
wir moderne Prozessordnungen, die eine ebenso zügige wie gründliche Bearbeitung
von Verfahren miteinander in Einklang bringen.Das ist keine leichte Aufgabe, denn unsere
Prozessordnungen blicken teilweise auf eine 140-jährige Geschichte zurück und
haben sich währenddessen beständig weiterentwickelt. Unter diesen Umständen
sollten wir Schnellschüsse vermeiden und Reformen harmonisch in die Gesamtstrukturen
einfügen. Nicht jeder
Gesetzesentwurf, der eine praxistaugliche Ausgestaltung zum Ziel hat, enthält
auch geeignete Regelungen. So ist es im vergangenen Jahr gelungen, im Bundesrat
gemeinsam mit einigen anderen Ländern den recht umständlichen Entwurf eines
Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des
Strafverfahrens so anzupassen, dass er seinem Namen gerecht wird.Meine Damen und Herren,trotz aller Bemühungen gestaltet sich die
Anwendung des geltenden Rechts mitunter komplex. Zu den schutzbedürftigen
Adressaten unserer Rechtsordnung gehören die Opfer von Straftaten. Daher haben
wir als Justizressort die Federführung in der Interministeriellen Arbeitsgruppe
zur Einführung eines Landesopferschutzbeauftragten übernommen. Die Arbeitsgruppe
wird dem Kabinett vorschlagen, den Beauftragten als Ansprechpartner, Vermittler
und Sprachrohr für die Opfer und deren Angehörige bei Terrorismus und auf
Straftaten beruhenden Großschadenslagen auszugestalten. Im Ergebnis sollen den
betroffenen Personen nach den entsprechenden Ereignissen der Beauftragte und
eine Zentrale Anlaufstelle zur Seite stehen.Gleichzeitig wollen wir für die Opfer von
Straftaten einen Fonds auflegen, der bestehende
Hilfen ergänzen soll. Zu diesem Zweck diskutieren wir gegenwärtig die Gründung
einer öffentlich-rechtlichen Opferhilfestiftung.Ein drittes Element der Opferhilfe wird die
Verbesserung der vertraulichen Spurensicherung sein. Wer Opfer eines
Sexualdelikts geworden ist, aber nicht die Kraft hat, sich unmittelbar an die
Polizei zu wenden, dem soll vertrauliche Hilfe angeboten werden. Es geht darum,
die Tatspuren zu sichern, um sie für ein mögliches Strafverfahren als
Beweismittel bereitzuhalten. Derzeit prüfen wir, wie die Spurensicherung in
unserem Land am besten flächendeckend umgesetzt werden kann.Bereits erfolgreich etabliert haben wir die
psychosoziale Prozessbegleitung, mit der geschädigte Zeuginnen und Zeugen im
Strafverfahren eine individuelle Unterstützung erhalten. In Sachsen-Anhalt sind
10 Prozessbegleiterinnen tätig, davon sind sechs Beschäftigte des Sozialen
Dienstes der Justiz. Meine Damen und Herren,nicht nur im Umgang mit Opfern von
Straftaten, sondern in allen rechtlichen Angelegenheiten gehört es zu den
vornehmsten Aufgaben der Justiz, Rechtsfrieden zu stiften. Dazu gehört es, dass
man im Gespräch miteinander bleibt und bestenfalls eine Einigung erzielt. Schon
früh hat sich Sachsen-Anhalt mit einem Modellprojekt für die Förderung der
Mediation geöffnet. Diese vorausschauende Vorgehensweise kommt uns nun zugute,
denn heute steht uns mit 105 ausgebildeten Richterinnen und Richtern eine
Vielzahl von hochqualifizierten Mediatoren zur Verfügung. Diesen hohen Standard
werden wir auch zukünftig beibehalten.Ebenso wichtig für die Herstellung von Rechtsfrieden
ist die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Entscheidungen der Justiz.
Um das ehrenamtliche Engagement von Schiedspersonen, Schöffen, Handels-,
Landwirtschafts- und sonstigen ehrenamtlichen Richtern, aber auch in
Gefangenenbeiräten und Bewährungshilfevereinen zu würdigen, haben wir im
vergangenen Jahr am Landgericht Halle eine zentrale Festveranstaltung
durchgeführt. Außerdem werden wir in diesem Jahr erneut dezentrale
Veranstaltungen fördern, um unsere Wertschätzung für ehrenamtliches Engagement
zum Ausdruck zu bringen.Meine Damen und Herren,zuverlässig, zeitgemäß und zugewandt! Unter
diesen drei Begriffen habe ich Ihnen die wichtigsten personellen, sachlichen
und inhaltlichen Herausforderungen für die Justiz des Landes Sachsen-Anhalt
vorgestellt. Zugleich habe ich Ihnen aufgezeigt, wie die Landesregierung diesen
Herausforderungen begegnet.Bei der Umsetzung der angestoßenen Vorhaben
setze ich auf Ihre Unterstützung! Und bedanke mich schon im Voraus dafür,
genauso wie für Ihre Aufmerksamkeit.
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