Pressemitteilungen des Ministeriums für Justiz und Verbraucherschutz
Vortrag über NS-Gesundheitspolitik in Köthen
16.09.2016, Magdeburg – 28
- Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz
Köthen (MJ). Im Rahmen des
Begleitprogramms zur Ausstellung ?Justiz im Nationalsozialismus. Über
Verbrechen im Namen des Deutschen Volkes? spricht die Historikerin Dr. Ute Hoffmann im Amtsgericht Köthen
zu
Täter und Opfer der NS-Gesundheits- und
Rassenpolitik
in Köthen.
Der
Vortrag findet statt am
Dienstag, 20.
September 2016, 17:30 Uhr, im Amtsgericht Köthen,
Friedhofstr. 48
Der
Vortrag widmet sich einem weniger bekannten Bereich des nationalsozialistischen
Staates in Gestalt einer Gesundheitspolitik, die den Menschen nach seiner
Arbeitsfähigkeit bemaß und deshalb auch all jene ausschloss, die aus Gründen
der Krankheit, der Behinderung oder des Alters den an sie gestellten
Leistungsanforderungen nicht genügen konnten.
Ärzte
und Juristen, Verwaltungsmitarbeiter und Pflegekräfte machten sich auf, die
Forderungen nach einer Verbesserung der deutschen Bevölkerung bei
gleichzeitiger Entlastung der sozialen Kassen nun unter den Bedingungen der
nationalsozialistischen Diktatur mit Hilfe staatlicher Legitimation und
Organisation umzusetzen: durch zwangsweise Sterilisation und Mord.
In den Zuständigkeitsbereich des 1934
eingerichteten Erbgesundheitsgerichtes beim Amtsgericht Dessau fiel auch der
Amtsgerichtsbezirk Köthen. Die Verantwortung für die Umsetzung der zwangsweisen
Sterilisation von kranken, behinderten oder sozial auffälligen Menschen lag
beim jeweiligen Kreisarzt (ab 1935 Leiter des Gesundheitsamtes). In Köthen war
dies seit 1924 Dr. Adolf Neuendorff. Er stellte die Mehrheit der Anträge und
überwachte die Durchführung der Sterilisationen. Darüber hinaus schrieb er
Gutachten über die zur Sterilisation gemeldeten Personen. Aus den Akten geht
hervor, dass mindestens 210 Personen aus Köthen und Umgebung zwangsweise sterilisiert
wurden. Auffällig ist der hohe Anteil von Jugendlichen. Im Falle des 14-jährigen
Fritz B. aus Köthen genügte bereits, dass er eine Hilfsschule besuchte, um ihn als
?schwachsinnig? einzustufen und sterilisieren zu lassen
Dr. Ute Hoffmann ist seit mehr als 25 Jahren Leiterin
der Gedenkstätte für die Opfer der NS-?Euthanasie? in Bernburg und seit 2008
auch Mitarbeiterin des Teams zur Erarbeitung der Wanderausstellung zur
NS-Justiz auf dem Territorium des heutigen Sachsen-Anhalt. Die Ausstellung setzt
sich auch mit der Justizgeschichte in Köthen und der Region auseinander und ist
noch bis zum 21. Oktober während der Gerichtsöffnungszeiten zu sehen.
Nähere Informationen
unter www.mj.sachsen-anhalt.de.
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